Eine Veranstaltung oder Party: Alle sind nett und hilfsbereit zu mir. Sie zeigen mir einen Platz und holen mir Essen vom Buffet. Und dann bin ich da allein und darauf angewiesen, dass jemand zu mir kommt und ein Gespräch mit mir anfängt.
Kennt ihr so etwas auch?
Im Stimmengewirr erkennt man nicht immer Bekannte, zu denen man hingehen könnte. Drüben unterhalten sich Leute. Aber wäre es OK, wenn ich mich einfach dazustelle oder wollen die für sich bleiben? Wo ist noch ein freier Platz, wo ich mich dazugesellen kann?
Manche Sehbehinderte und Blinde sind super kontaktfreudig und offensiv und haben in solchen Situationen kein Problem. Andere fühlen sich unwohl, bleiben in einer großen Gruppe trotzdem allein oder können sich Gesprächspartner zumindest nicht selbst aussuchen.
Bei unserem Online-Austausch "Alltagstricks" gab es dazu folgende Ideen:
- sich erst mal bewusst machen, ob man gerade überhaupt Kontakt will oder vielleicht auch allein zufrieden ist.
- nach jemandem oder etwas fragen: "Ist Susanne auch hier?" Auch wenn Susanne gar nicht da ist, wird man vielleicht in ein Gespräch eingebunden.
- Bei Veranstaltungen mit Stehtischen ist es oft einfacher, wie wenn alle an langen Tischen sitzen.
- Manche machen in anderen Ländern die Erfahrung, dass dort viel unbefangener Kontakt aufgenommen wird.
- Wenn die Gruppe nicht zu groß ist, um eine kurze Vorstellungsrunde bitten.
- Mit (bezahlter) Assistenz zu Veranstaltungen gehen. Da kann man genau ansagen, welche Unterstützung man braucht und bekommt diese auch.
- Wenn man vorher weiß wer da sein wird, mit Assistenz vorab Bilder der betreffenden im Internet suchen; die Assistenz kann diese Leute dann bei der Veranstaltung finden und man kann sie ansprechen.
- Manche haben gar kein Problem, die Nachbarn einfach anzusprechen: "Wie fanden sie die Musik?" oder "Die Spaghetti kann ich auf jeden Fall auch empfehlen."
- sich vielleicht vorab zur Veranstaltung passende Sätze überlegen, mit denen man Kontakt aufnehmen kann: "Fanden sie die Predigt auch so langweilig?"
- über seinen Schatten springen und aktiv in die Runde gehen; sagen, was man kann und was nicht, z. B. Leute an der Stimme erkennen, sich im Raum orientieren etc. Oder fragen: "Wer ist denn alles hier am Tisch?"
- vor Veranstaltungsbeginn hingehen und sich die Örtlichkeiten genauer anschauen
- Während eines Reha-Aufenthalts einen Aushang am schwarzen Brett machen: Wer geht mit mir spazieren? Oder die örtliche Kirchengemeinde anfragen, ob es einen Besuchsdienst gibt.
- Eine Teilnehmerin berichtet: Seit ich selbst offener bin und mehr auf andere zugehe, wird mir viel mehr Offenheit entgegengebracht.
- Wenn man nicht, wer da gerade ist, einfach fragen, "Sind sie Peter?" "Nein, ich bin Klaus. Peter steht dahinten."
- Etwas Spannendes an sich haben, das zur Kontaktaufnahme anregt: T-Shirt mit Brailleschrift, Punktschriftbuch, interessantes Hilfsmittel oder Schmuck.
- sich bewusst machen, warum die anderen sich so verhalten: Für sie ist es immer einfacher, sich mit jemand anderem per Blickkontakt zu verständigen und sie wissen selbst nicht, wie sie sich verhalten könnten.
Wie nehme ich in großen Gruppen Kontakt auf?
- Reiner Delgado
- DBSV Mitarbeiter
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- Registriert: 02.07.2019, 11:46
